Die Tönnies-Krise im Kreis Gütersloh hautnah erlebt

Der Kreis Gütersloh ist rund 50 Kilometer vom Kreis Unna entfernt und mittlerweile der rote Punkt auf der europäischen Corona-Karte. Wie erlebt man als Kreis-Gütersloher die Tönnies-Krise?

© Antenne Unna

Corona-Hotspot Kreis Gütersloh

Gütersloh war einst ein stolzer Kreis, der wirtschaftlich stärkste in NRW. Einer, der Weltmarktführer beheimatet - wie beispielsweise Bertelsmann, Claas oder Miele. Dann ist da noch Europas größter Schlachthof: Tönnies hat seinen Hauptsitz in Rheda-Wiedenbrück. Seit dem 10. Juni kennt die Welt diesen Namen: 1331 Corona-Infizierte wurden bisher (Stand 21. Juni, 14 Uhr) bei Tönnies festgestellt – Ein Corona-Hot Spot ohne Gleichen.

Die Tönnies-Krise vor Ort miterleben

Thorsten Wagner aus dem Antenne Unna-Team wohnt im Kreis Gütersloh. Wie er die Tönnies-Krise hautnah miterlebt, hat er uns erzählt: Wie wohl die meisten Bewohner im Kreis Gütersloh nimmt er diese Zeit mit einer Mischung aus Wut und Erschrecken wahr. Das komplette Straßenbild habe sich verändert: Bundeswehr, Ordnungsämter und Sanitäter tauchen vor den Häusern auf, in denen im Wesentlichen Bulgaren und Rumänen untergebracht sind, die im Auftrag von Subunternehmern bei Tönnies arbeiten.

Ganz extrem ist die Situation in Verl, wo ein Wohngebiet mit 700 Menschen komplett eingezäunt wurde und nun von Ordnungskräften bewacht wird.

Wie reagieren die Bewohner im Kreis Gütersloh auf die Krise?

Familie Tönnies hat innerhalb einer Generation einen Konzern hochgezogen, der heute fast 8 Milliarden Euro jährlich umsetzt. Dieser Erfolg kam hemdsärmelig: Durch Zukäufe, Verdrängung und auch dadurch, dass Arbeit ganz billig organisiert wurde – gesetzlich im Rahmen, menschlich aber unterirdisch. Der Tönnies-Erfolg wurde bisher immer geduldet. Damit scheint jetzt Schluss zu sein: Es gibt lautstarke Forderungen, das "System Tönnies“ zu beenden. Darüber hinaus erhält Familie Tönnies Morddrohungen. Es gibt Proteste vor Ort, in Gütersloh, in Bielefeld und sogar vor der Privatvilla von Tönnies in Rheda. Aber jetzt zähle zunächst das Managen der Quarantäne mit ungezählten Helfenden, sagt Thorsten Wagner.

Die Tönnies-Krise wirkt sich auf den Kreis Unna aus

Der Tönnies-Skandal reicht bis in den Kreis Unna: Fast 30 Mitarbeiter des Fleischkonzerns in Rheda-Wiedenbrück leben im Kreis Unna. Der Gesundheitsdezernent des Kreises Unna bestätigt die chaotische Führung der Mitarbeiterlisten durch Tönnies. Zwei der ermittelten Menschen aus Lünen und Bergkamen wurden mittlerweile positiv getestet, in einem Fall wurden weitere Kontaktpersonen infiziert. Prekäre Wohnsituationen der Tönnies-Mitarbeiter gibt es im Kreis Unna nicht, die hier lebenden Mitarbeiter gehören weitestgehend zum Stammpersonal des Unternehmens. 

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