BVB gegen PSG in der Champions League
Veröffentlicht: Dienstag, 18.02.2020 05:56
Selbst über Weltstars wie Neymar oder Kylian Mbappé wird nur am Rande geredet. Vor dem Champions-League-Duell des BVB mit Paris Saint-Germain dominiert der ehemalige BVB-Coach Thomas Tuchel die Schlagzeilen - zum Leidwesen der Dortmunder.
Dortmund (dpa) - Thomas Tuchel ging in die Charme-Offensive.
Ungeachtet seiner schwierigen Vergangenheit bei Borussia Dortmund
wirkte der Fußball-Lehrer bei seiner ersten Rückkehr an die alte
Wirkungsstätte seit Sommer 2017 geradezu gelöst. «Es war ein Traum,
hier Trainer zu sein. Das waren auf jeden Fall aufregende Jahre»,
schwärmte er vor dem Achtelfinal-Hinspiel in der Champions League
zwischen dem BVB und Paris Saint-Germain am Dienstag (21 Uhr/DAZN).
Seinen Auftritt vor zahlreichen Kameras im übervollen Presseraum des
Dortmunder Stadions am Vorabend meisterte er mit einem Dauerlächeln:
«Ich sehe viele bekannte und freudige Gesichter.»
Weniger locker als Tuchel reagierten die Dortmunder auf das
Rendezvous mit der Vergangenheit. Die Erinnerungen an die zweijährige
Zusammenarbeit bereitete eher Unbehagen als Freude. Weder Profis noch
Führungskräfte des Revierclubs wollten zum aktuellen Hype um den
ehemaligen BVB-Coach beitragen. «Wir spielen gegen PSG und nicht
gegen den FC Tuchel. Er wird an der Seitenlinie stehen, aber das wird
uns nicht interessieren», kommentierte Torhüter Roman Bürki genervt.
Schlagzeilen wie die über den «Eiszeit-Gipfel (Sport Bild)» sorgen
ohnehin für genügend Brisanz. Sie erinnern an das zerrüttete
Verhältnis zwischen Thomas Tuchel und BVB-Geschäftsführer
Hans-Joachim Watzke und die Gründe für die krachende Trennung im
Sommer 2017. Schon nach der Auslosung im Dezember gab es im Netz
erste Kommentare, dass diesmal Tuchel den BVB und Watzke rauswirft -
nicht umgekehrt. Tuchel sieht das Wiedersehen mit seinem ehemaligen
Club jedoch nicht als Gelegenheit, alte Rechnungen zu begleichen.
«Meine persönliche Situation hat damit sehr wenig zu tun. Wir spielen
hier ein Fußballspiel.»
Scheitern die Franzosen jedoch zum vierten Mal in Serie im
Achtelfinale des Wettbewerbs, könnte Dortmund erneut für Tuchel
Schicksal spielen. Nicht auszuschließen, dass für den 46-Jährigen in
diesem Fall auch die Zeit in Paris zu Ende geht.
An solchen Spekulationen mag sich beim BVB niemand beteiligen. Auch
Watzke vermied es, an alte Dissonanzen zu erinnern. «Wir haben zwei
Jahre gut zusammengearbeitet, und zum Schluss wurde es etwas zäh.
Aber das ist drei Jahre her. Er ist ein großartiger Trainer, und wenn
ich ihn sehe, werde ich ihn sicherlich begrüßen und ich denke, dass
er das auch tun wird», sagte der Geschäftsführer im Interview mit
Spox und DAZN.
Bei den Profis liegt der Fokus ohnehin voll und ganz auf der
sportlichen Aufgabe. Denn die wird schwer genug. Schließlich ist der
Gegner seit 23 Pflichtspielen unbesiegt. Trotz dieser imposanten
Bilanz sieht Lizenzspielerchef Sebastian Kehl keinen Grund für allzu
große Ehrfurcht: «Wir werden definitiv mit breitem Kreuz antreten,
Paris hat auch Respekt vor unserer Truppe.»
Die Partie könnte zu einem Spektakel werden. Schließlich verfügen
beide Teams über reichlich Offensivpower. Für die Borussia dürfte das
jüngste Bundesligaspiel gegen Frankfurt (4:0) als Blaupause dienen.
Nach zuvor schwachen Abwehrleistungen und reichliche Gegentoren
wirkte das Team erstaunlich stabil.
Das war ganz im Sinne von Lucien Favre, der für Dienstag eine noch
vorsichtigere Gangart in Aussicht stellte. «Natürlich sehe auch ich
gern schöne Spiele. Aber schön ist es manchmal auch, eine bessere
Defensive als Offensive zu haben. Ich habe nichts dagegen, nur 1:0 zu
spielen.» En passant erinnerte er an die starke Gruppenphase der
Franzosen: «Sie waren in einer Gruppe mit Real Madrid. Und sie hatten
am Ende 16 Punkte, Madrid nur 11. Das sagt alles.»
Das laut «Kicker» geschätzt «eine Milliarde Euro teure Team» mit
Weltstars wie Neymar und Kylian Mbappé dürfte die BVB-Abwehr jedoch
vor größere Probleme stellen als die am Freitag biederen Frankfurter.
Als Mutmacher dient der starke Auftritt im Gruppen-Heimspiel gegen
den FC Barcelona, als der BVB beim 0:0 eine seiner besten
Saisonleistungen bot. «Barcelona ist der Maßstab», sagte
Mittelfeldspieler Axel Witsel. Lächelnd fügte er an: «...und wenn wir
dann auch noch selber treffen.»